Vietnam ist einer der wichtigsten Lieferpartner für den Export landwirtschaftlicher, forstwirtschaftlicher und Fischereiprodukte in die EU – Illustratives Foto
Im Jahr 2024 importierte die EU Agrar-, Forst- und Fischereiprodukte im Wert von 348 Milliarden US-Dollar. Prognosen zufolge wird dieser Wert bis 2025 auf fast 364 Milliarden US-Dollar steigen. Zu den wichtigsten Importgütern zählen Gemüse, Meeresfrüchte, Kaffee, Cashewnüsse, Holz, Pfeffer usw. Allein der Importumsatz mit Kaffee belief sich im Jahr 2024 auf 26,33 Milliarden US-Dollar und machte damit mehr als 60 % des weltweiten Kaffeehandels aus.
Vietnam ist in diesem Zusammenhang einer der wichtigsten Agrarlieferanten der EU. Der Umsatz stieg von 3,76 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019 auf 5,44 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024. Allein in den ersten sieben Monaten des Jahres 2025 erreichte der Umsatz 4,73 Milliarden US-Dollar, was einem Anstieg von 49 % gegenüber dem gleichen Zeitraum entspricht. Zu den wichtigsten Produkten zählen Kaffee, Meeresfrüchte, Cashewnüsse, Holz und Gemüse. Deutschland, die Niederlande, Spanien, Belgien und Italien sind dabei die größten Importmärkte.
Dieser Wert entspricht jedoch lediglich 2 % der gesamten Agrarimporte der EU. Das bedeutet, dass vietnamesische Agrarprodukte noch immer 98 % des Marktanteils offen lassen – eine „Lücke“ voller Potenzial, aber auch voller Herausforderungen.
Laut Tran Van Cong, Vietnams Agrarberater bei der EU, gibt es viele Gründe, warum vietnamesische Waren ihr Potenzial noch nicht voll ausgeschöpft haben. Insbesondere hat die EU noch keine Lizenz für Landtierprodukte aus Vietnam erteilt. Meeresfrüchte sind nach wie vor von der „Gelben Karte“ für illegale Fischerei und illegale Ausbeutung betroffen. Da viele südamerikanische, afrikanische und asiatische Länder ihre Bezugsquellen dank Zollanreizen in die EU verlagern, stehen vietnamesische Waren unter großem Preisdruck. Große geografische Entfernungen und hohe Logistikkosten haben die Preise in die Höhe getrieben und die Wettbewerbsfähigkeit verringert. Exportiert werden hauptsächlich rohe, halbverarbeitete und geringwertige Waren, während die EU verarbeitete, biologisch und nachhaltig zertifizierte Waren bevorzugt.
Die EU legt Wert auf Lebensmittelsicherheit, nachhaltige Entwicklung und Rückverfolgbarkeit. Einige Produkte wie Drachenfrucht, Chili und Okra unterliegen weiterhin strengen Kontrollen, da sie gegen Pestizidrückstände verstoßen. Gleichzeitig wird die EU ab dem 31. Dezember 2025 die Verordnung zur Verhinderung von Entwaldung (EUDR) umsetzen, die Transparenz in der Lieferkette fordert. Obwohl Vietnam als Niedrigrisikoland eingestuft wird, müssen sich Unternehmen sorgfältig vorbereiten. Dies erschwert auch die Marktdurchdringung vietnamesischer Agrar-, Forst- und Wasserprodukte.
Diese „Engpässe“ erklären, warum vietnamesische Agrarprodukte nur einen geringen Anteil an den EU-Importen ausmachen.
Lösungen zum Füllen der „Lücke“
Fünf Jahre nach der Umsetzung des EVFTA wurden nahezu 100 % der Zolltarife abgeschafft. Im Vergleich zu Wettbewerbern, die Meistbegünstigungszöllen von 4 % oder mehr unterliegen, haben vietnamesische Waren einen klaren Vorteil.
Beispielsweise wird auf gerösteten Kaffee und Instantkaffee aus Vietnam eine Einfuhrsteuer von 0 % erhoben, während in vielen anderen Ländern 7,5 bis 11,5 % gezahlt werden müssen. Auch verarbeitetes Obst und Gemüse ist von der Steuer befreit, was dank der ganzjährigen Versorgung mit tropischen Früchten einen großen Wettbewerbsvorteil darstellt. Im Bereich Meeresfrüchte haben mehr als 600 Unternehmen Exportcodes in die EU erhalten, insbesondere für Mehrwertprodukte wie hochwertige Black Tiger-Garnelen und ASC-zertifizierte Bio-Garnelen. Vietnams Holz und Holzprodukte haben großes Potenzial, wenn die Nachfrage der EU fast 60 Milliarden USD/Jahr erreicht, insbesondere für Produkte mit legalen Zertifikaten gemäß FLEGT und EUDR.
Angesichts zunehmend strengerer Auflagen haben viele vietnamesische Unternehmen proaktiv umstrukturiert. Die Vietnam Coffee Corporation strebt in der Kaffeebranche bis 2035 an, ein umweltfreundliches Agrarunternehmen zu werden, das Innovation vorantreibt und spezialisierte Rohstoffbereiche sowie Logistikdienstleistungen zur Unterstützung des Exports entwickelt. In der Fisch- und Meeresfrüchteindustrie konzentriert sich das Unternehmen derzeit auf ökologische Garnelen (ASC-Garnelen) im oberen Segment. Parallel dazu arbeitet die Branche mit dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt zusammen, um die IUU-Gelbe Karte abzuschaffen und so den Weg in die EU zu ebnen.
Die Holzindustrie und Unternehmen investieren massiv in FSC-zertifizierte Wälder und Bodenbeläge – der Kapitalbedarf in der EU wird im Jahr 2026 voraussichtlich 55,8 Milliarden US-Dollar erreichen.
Um den Marktanteil von 2 % auf ein seinem Potenzial angemessenes Niveau zu steigern, haben Experten eine Reihe von Lösungen vorgeschlagen, darunter eine vollständige Marktöffnung: Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt muss den Antrag auf eine EU-Genehmigung für den Import von Landtierprodukten zügig abschließen; das Verfahren zur Abschaffung der IUU-Gelben Karte beschleunigen; die Qualitätsstandards durch die Entwicklung von Rohstoffflächen, die den EU-Standards entsprechen, die Ausweitung von Bio-Flächen, elektronische Rückverfolgbarkeit sowie die Anwendung sauberer Produktions- und Tiefverarbeitungstechnologien verbessern. Die Nutzung des EVFTA wird den Export von Produkten mit Zollvorteilen ankurbeln, wie z. B. verarbeitetes Gemüse und Obst, Instantkaffee, Bio-Garnelen und zertifiziertes Holz; Kühllogistikdienste entwickeln und direkte Transportwege in die EU eröffnen, um Kosten und Zeit zu sparen; vietnamesische Agrarprodukte mit einem grünen, sauberen und nachhaltigen Image fördern. Gleichzeitig muss der Handel gefördert und an wichtigen Landwirtschaftsmessen in der EU teilgenommen werden.
Die EU gibt jährlich fast 102 Milliarden US-Dollar für den Import von Obst und Gemüse, 26 Milliarden US-Dollar für Kaffee, 60 Milliarden US-Dollar für Meeresfrüchte, 59 Milliarden US-Dollar für Holz und Dutzende Milliarden US-Dollar für Cashewnüsse, Pfeffer, Kautschuk und Kunsthandwerk aus. Vietnamesische Agrarprodukte machen hingegen nur 2 % des Marktanteils aus. Die verbleibende Lücke bietet jedoch auch eine goldene Chance, wenn Vietnam die Vorteile des EVFTA nutzt, die Produktqualität verbessert, sich nachhaltig entwickelt und stärker an der globalen Wertschöpfungskette teilnimmt.
Wenn die Engpässe in den Bereichen Qualität, Logistik und Markenbildung überwunden werden können, können vietnamesische Agrarprodukte weit kommen und sich vom „Lieferanten“ zu einem strategischen Partner der EU entwickeln – einem anspruchsvollen, aber potenziellen Markt.
Do Huong
Quelle: https://baochinhphu.vn/co-hoi-va-thach-thuc-cho-nong-san-vet-truoc-khoang-trong-tai-thi-truong-eu-102250820160424237.htm
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