Nach fast 14 Jahren Bürgerkrieg und dem Ende der 50-jährigen Herrschaft der Assad-Familie steht der Machtwechsel unmittelbar bevor. Am Montag erwachte in Damaskus das Leben wieder. Nach einer nächtlichen Ausgangssperre kehrte der Verkehr auf die Straßen zurück und die Menschen waren wieder draußen. Die meisten Geschäfte blieben jedoch geschlossen.

Die Ölpreise stiegen am Montag um mehr als 1 Prozent, teilweise aufgrund der Sorge, dass die Unruhen in Syrien, das kein großer Ölproduzent ist, zur Instabilität in der Region beitragen könnten.

Kämpfer aus den umliegenden Gebieten sammelten sich rund um die Hauptstadt und konzentrierten sich auf dem zentralen Umayyaden-Platz. „Wir hatten ein Ziel und jetzt haben wir es erreicht. Wir wollen, dass der Staat und die Sicherheitskräfte Verantwortung übernehmen“, sagte Firdous Omar, der nach eigenen Angaben seit 2011 gegen das Assad-Regime kämpft und nun seine Arbeit als Landwirt in der Provinz Idlib fortsetzen möchte.

Ministerpräsident Jalali erklärte gegenüber dem Fernsehsender Al Arabiya, er habe sich bereit erklärt, die Macht an die Heilsregierung zu übergeben, eine Regierung mit Sitz in einem Rebellengebiet im Nordwesten Syriens.

Der Hauptkommandeur der Rebellen, Ahmed al-Sharaa, auch bekannt als Abu Mohammed al-Golani, traf sich über Nacht mit Herrn Jalali und Vizepräsident Faisal Mekdad, um über die Bildung einer Übergangsregierung zu sprechen, heißt es aus mit der Angelegenheit vertrauten Quellen.

Führer Golani hat geschworen, Syrien wieder aufzubauen. Der Fernsehsender Al Jazeera berichtete, dass die syrische Übergangsregierung direkt von Mohamed al-Bashir, dem Chef der Heilsregierung, geführt werde.

Alle Augen richten sich nun auf die Rebellen, um zu sehen, wie sie mit der zweifellos sehr instabilen und komplexen Situation in Syrien umgehen werden. Regionale Regierungen, darunter auch der Iran, nahmen am Montag rasch neue Kontakte zu den Rebellen auf. Katar hat Kontakt zu HTS aufgenommen und plant, am Dienstag mit Bashir zu sprechen.

Die arabische Welt ist zudem besorgt über die Eindämmung des militanten sunnitischen Islamismus, der sich zur sektiererischen Gewalt des selbsternannten Islamischen Staates (IS) ausgeweitet hat.

US-Außenminister Antony Blinken betonte die Instabilität der politischen Lage in Syrien und sagte am Montag voraus, der IS werde während der Übergangsphase versuchen, seine Macht im Land wiederherzustellen.

Er sagte jedoch, die USA seien entschlossen, dies nicht zuzulassen, und verwies auf die US-Luftangriffe auf etwa 75 IS-Ziele in Zentralsyrien am Sonntag.

Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die wichtigste Rebellengruppe, wird von vielen Ländern und den Vereinten Nationen weiterhin als Terrororganisation eingestuft. Die Gruppe versucht seit Jahren, ihr Image aufzupolieren, um das Ausland und inländische Gruppen zu besänftigen.

Eines der letzten Gebiete, das an die Rebellen fiel, war die Mittelmeerküste, das Kernland von Assads alawitischer Sekte und Standort eines russischen Marinestützpunkts. Zwei alawitische Einwohner sagten, die Lage sei bislang besser als erwartet und es gebe keine erkennbaren Repressalien gegen Alawiten.

Russland erklärte unterdessen, es sei noch zu früh, um etwas über die Zukunft seiner Militärstützpunkte in Syrien zu sagen. Russische Nachrichtenagenturen berichteten, dass die Rebellenführer diese Stützpunkte gesichert hätten.

Huy Hoang (laut AJ, Reuters)