Die Ukraine startete im Juni eine Gegenoffensive mit dem Ziel, die Frontlinie im Südosten zu durchbrechen. Allerdings habe diesem Gegenangriff „leider ein Schlüsselelement gefehlt, nämlich die Luftstreitkräfte“, sagte General a.D. James Jones in einem Interview mit RFE/RL.

„Das bedeutet, dass Russland viel Zeit hat, Minen in Gebieten zu legen, in denen es mit einem Angriff ukrainischer Bodentruppen rechnet. Das verlangsamt die Lage“, fügte General Jones hinzu, ein ehemaliger Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa und Nationaler Sicherheitsberater des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama.

Laut der Washington Post wird die Gegenoffensive der Ukraine von NATO-ausgebildeten Einheiten angeführt. Auch der Ukraine ist in den letzten Wochen ein kleiner, aber bedeutender Durchbruch gelungen, als Kiewer Streitkräfte den Fluss Dnjepr überquerten und in russisch kontrolliertes Gebiet eindrangen.

Wolodymyr Fito, ein Sprecher der ukrainischen Armee, sagte, die Ukraine werde versuchen, die russischen Lieferketten zu unterbrechen, wenn die kalte Jahreszeit eintrete, und die Russen aus der Ukraine zu vertreiben.

Unterdessen warnte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Landsleute, sich angesichts des nahenden Winters auf eine neue Welle russischer Luftangriffe auf die Infrastruktur Kiews vorzubereiten. Er sagte außerdem voraus, dass Russland einen heftigen Angriff an der Ostfront starten würde, wo die Stadt Awdijiwka liegt.

Der Generalstabschef der ukrainischen Armee, Waleri Saluschny, erklärte letzten Monat, der Krieg zwischen Russland und der Ukraine befinde sich in einer Pattsituation und es werde in naher Zukunft keinen Durchbruch geben. Er warnte außerdem, dass Russland in einem längeren Abnutzungskrieg im Vorteil wäre.

Seit dem Beginn der Gegenoffensive der Ukraine ist Kiew klar, dass die quantitativ und qualitativ überlegene taktische Luftwaffe Russlands eine immer größere Herausforderung für das Land darstellt. Die Luftwaffe hat in den mehr als einjährigen Konflikten in der Ukraine eine Schlüsselrolle bei den russischen Militäroperationen gespielt.

Russische Kampfflugzeuge haben ihre Unterstützung für die Bodentruppen verstärkt, da diese riskantere und möglicherweise kostspieligere Angriffe in Kauf nehmen, um den Vormarsch der ukrainischen Gegenangriffe aufzuhalten.

Generalleutnant Mykola Oeshchuk, Kommandeur der ukrainischen Luftwaffe, räumte ein, dass der Gegenangriff wesentlich schneller erfolgen würde, wenn die Ukraine die Lufthoheit erlangen würde.

Er erklärte, dass eine der wichtigsten Regeln, um in Schlachten die Oberhand zu gewinnen, darin bestehe, den Vormarsch des Feindes zu stoppen und die andere Seite in die Defensive zu zwingen, gefolgt von der Erlangung der Überlegenheit und Kontrolle des Luftraums.

Ihm zufolge sind ukrainische Flugzeuge den russischen in ihren technischen Eigenschaften deutlich unterlegen, was es Kiew erschwere, Moskauer Kampfflugzeuge im Luftkampf abzuschießen.

General Oeshchuk sagte, dass die ukrainische Luftwaffe trotz der schwierigen Bedingungen versucht habe, die Mission abzuschließen. Er räumte ein, dass Kiew einige Flugzeuge und Piloten verloren habe, aber auch Russland Schaden zugefügt habe.

Dem ukrainischen General zufolge verfüge Russland jedoch noch immer über genügend Flugzeugstaffeln, um Luftkampfeinsätze durchführen zu können. Andererseits verfügt Moskau noch immer über die Kapazität, neue Flugzeuge und Raketen zu produzieren.

Der grundlegende Unterschied zwischen der russischen Luftwaffe und der NATO besteht darin, dass das westliche Militärbündnis vor allem weitreichende, präzisionsgelenkte Waffen einsetzt, während Moskau nach wie vor überwiegend ungelenkte Raketen oder Bomben einsetzt. Allerdings hat sich die taktische Luftwaffe Russlands im vergangenen Jahr schrittweise mit neuen Langstrecken-Lenkwaffen ausgestattet.

Militäranalysten gehen davon aus, dass Moskau auf Luftstreitkräfte angewiesen ist, um den Gegenangriff Kiews zu stoppen. Darüber hinaus verursachten Panzerabwehrraketen, Gleitbomben aus Flugzeugen sowie dichte Minenfelder und solide russische Befestigungsanlagen der Ukraine große Verluste.